1965 Schüren-Ost - Einziehen und für immer bleiben
Es regnete in Strömen. Vorsichtig balancierten die Möbelpacker über die Planke, die über den matschigen Weg zum Hausflur führte. Aufnehmer lagen vor dem Hausflur, vor der Wohnungstür, vor der Schlafzimmertür. Sie setzten das schwere Packstück ab, wischten sich kurz über die Augen, um wieder frei sehen zu können. „Wir bauen jetzt auf“, murmelten sie. Die junge Ehefrau reichte ihnen Handtücher.
Die heute über 80jährige Frau erinnert sich noch gut an den Einzug im Jahr 1965. An die Erleichterung, endlich ein eigenes Zuhause gefunden zu haben. An die Freude über die tolle Wohnung mit Zentralheizung, Bad und Balkon. An den Start in ein Leben ohne die Beengtheit der letzten Jahre, in denen sie mit Ehemann und Kind in einem Zimmer bei den Eltern gewohnt hatte. Lange und wegen der immer noch angespannten Lage am Wohnungsmarkt vergeblich hatten sie in Bochum gesucht. Im Nachhinein wurde dies zum Vorteil; denn der Ehemann wurde nach Dortmund-Sölde versetzt. Ein Kollege sagte: „Geh mal ins Stadthaus, da sitzt Stadtrat Drupp. Und geh in Uniform.“ Ob es nun daran lag oder andere Gründe hatte: Sie kriegten die Wohnung in der Siedlung Schüren-Ost, die gerade einmal zwei Jahre vorher fertiggestellt worden war.
Vor 60 Jahren war ein Umzug von der einen Stadt in eine andere eine Herausforderung. Das erste eigene Auto, die M17-„Badewanne“ von Ford wurde erst 1967 angeschafft. Es blieben Bus und Bahn und Spediteure. Eine zeitliche und finanzielle Belastung, vor allem in Zeiten, in denen erst gespart und dann ausgegeben wurde. Das seit 2016 geschlossene Möbelhaus Limpinsel in Bochum, bei dem sie „Schlafzimmer und Küche“ kauften, zeigte sich zugänglich für die Bitte, auch die eigenen Möbel mitzunehmen.
Das Tapezieren zog sich einige Zeit hin. Vater und Ehemann blieben, um Zeit zu sparen, gleich vor Ort und nächtigten auf Gartenliegen im zukünftigen Wohnzimmer. Sie überklebten die auf den Putz gerollten Muster des Vormieters, der gleich nach der Fertigstellung eingezogen war und die Wohnung noch trocken wohnte. Sie kam regelmäßig mit dem Kleinkind aus Bochum, stieg an der Marsbruchstraße aus der Bahn und ging die Gevelsbergstraße entlang in die Siedlung. „Es war schön, großzügig, grün. Die Hecken und Bäume waren noch jung und niedrig. Die Straßen frei und sauber. Auch die Zäune kamen erst viel später.“
Heute kann man von der Höhe des Rosenplätzchens die Schürener Großsiedlung im Emschertal nur erahnen. Hohe Bäume recken ihre Äste über die Häuser und fast sieht es so aus, als gehörte der Aplerbecker Kirchturm zu Schüren. Die Bäume nehmen manchem Balkon in der Siedlung die Sonne - und bieten Schatten und Erholung für die Augen. Viele, die in den 1960er Jahren eingezogen sind, sind geblieben. Da hat irgendetwas gut funktioniert in Schüren! (IG)
Stadtrat Siegfried Drupp war ab 1963 Dezernent für Soziales und Wohnungsbau in Dortmund; bereits im Jahr 1960 begleitete er als Stadtoberamtmann im Amt für Wohnungswesen das Großbauprojekt Schüren. Im Jahr 1976 wurde in Scharnhorst eine Straße nach ihm benannt, in der auch die Siegfried-Drupp-Grundschule liegt.

Rosenplätzchen Richtung Aplerbeck

Gugelweg - freie Sicht bis Aplerbeck

Blick Ri. Gedingeweg, um 1970

Hintergrund: Kaserne, um 1970