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Ohne Pflanzung kein Baum

Wer Bäume setzt, obwohl er weiß, dass er nie in ihrem Schatten sitzen wird, hat zumindest angefangen, den Sinn des Lebens zu begreifen. (Rabindranath Tagore)

„Wir wollen unsere Landschaft erhalten, indem wir Straßenbäume pflanzen – in Absprache mit allen Beteiligten“, so fasst Stefan Wollweber aus Ehningsen die Strategie des Vereins strassenbaum e.V. zusammen. Zweimal im Jahr finden die Pflanzaktionen in Welver und im Kreisgebiet Soest statt – in über zehn Jahren wurden so mehr als 400 Bäume an Gemeinde- und Kreisstraßen von den Engagierten im Verein gepflanzt. Stünden die Bäume beieinander wie auf einer Obstbaumwiese, umfasste die Fläche rund 4 Hektar bzw. fünfeinhalb Fußballfelder im DFB-Standardmaß. Doch es werden nicht nur Obstbäume an die Straßenränder gesetzt, sondern auch Linden, Ebereschen, Eichen – und die beeindruckende Anzahl der gepflanzten Bäume sortiert sich in ein- oder zweiseitigen Baumreihen die Straßen entlang.

Die jungen Bäumchen zwischen den akkurat gesetzten Pfosten lassen sich leicht übersehen; denn es braucht Jahrzehnte, bis sie sich nahtlos in die Reihe der großen Bäume einfügen. Besonders eindrücklich lässt sich das an der K4 zwischen Niederbergstraße und Werl beobachten, wo bisher nur einige wenige mächtige Birnbäume die Landschaft prägen. Dabei handelt es sich hier um echte Schätze: „Wir haben die Früchte der großen Birnbäume untersuchen lassen, weil niemand hier diese Sorte kannte. Der Pomologe aus Bielefeld stellte fest, dass es sich um eine alte Sorte handelt, die vereinzelt noch in Süddeutschland vorkommt.“ Diesen Schatz zu bewahren hat sich der Verein vorgenommen: Durch Pfropfen auf andere Unterlagen soll die Sorte langfristig erhalten werden.

In einem anderen Projekt des Vereins steht die Mistel im Mittelpunkt. Dabei geht es nicht um den aus England stammenden Brauch des Küssens unterm Mistelzeig und auch nicht um den weißgewandeten Druiden Miraculix, der mit der goldenen Sichel die Pflanze hoch oben im Baum für einen Heiltrank schneidet. Anlass ist die auch vom NABU seit einigen Jahren beschriebene Beobachtung, dass die Mistel sich vor allem in Obstbäumen immer stärker ausbreitet. Und ein starker Befall führt nicht nur zum immergrünen Obstbaum auch im Winter, sondern gefährdet die Existenz des Baumes. „Mit Unterstützung unseres Baumwartes wollen wir lernen, wie man Misteln richtig entfernt“, sagt Stefan Wollweber.

Stefan Wollweber initiierte vor mehr als zehn Jahren den Verein strassenbaum e. V. Auslöser für sein Engagement war die Beobachtung, dass an den Straßenrändern zwar Bäume „entnommen“ wurden, aber nicht immer eine Nachpflanzung erfolgte. Er war nicht der einzige, dem bei Spaziergängen und Radtouren durch die Bördelandschaft die zunehmenden Lücken in Baumreihen und Alleen auffielen. Im Austausch mit vielen weiteren aufmerksamen Beobachtern konkretisierte sich in Gesprächen die Idee, aktiv zu werden und sich in einem Verein insbesondere um die Nachpflanzung entlang der Straßen zu kümmern.

Die Bezeichnung Straßenbaum hat eine botanische resp. dendrologische und eine rechtliche Bedeutung. Aus Sicht der Baumkunde geht es um die biologische Eignung eines Baumes für straßentypische Umweltbedingungen, wie etwa durch die angrenzende landwirtschaftliche Nutzung, Streusalz- und Düngemitteleinsatz, Luftschadstoffe. Vor allem in den Städten sind Bäume einem großen Stresslevel ausgesetzt. Die rechtliche Bedeutung verweist auf die Verantwortung für einen Baum und führt direkt in die Welt der Straßenbaulastträger, die unter anderem auch für die Begleitbäume einer Straße zuständig sind: Gemeinden für Gemeindestraßen, Kreise für Kreisstraßen, das Bundesland für Landstraßen und so weiter. Sie entscheiden darüber, ob Bäume an einer bestimmten Straße gefällt werden, sei es aus planerischen Gründen oder zur Verkehrssicherung. Häufig werden solche vom Straßenbaulastträger geplanten Maßnahmen durch farbige Markierungen an den Stämmen angekündigt. Für Stefan Wollweber und seine Mitstreiter im Verein wird dies zum Anlass, weitere Informationen einzuholen. Dabei funktioniert der Austausch mit den Behörden gut.

Die Kooperation beinhaltet die Einbeziehung der Anlieger, beispielsweise die Landwirte, die mit ihrem schweren und langen Gerät breitere Einfahrten und Einmündungen brauchen „Die gute Zusammenarbeit ist uns wichtig. Sonst funktioniert es nicht. Mit Anzeigen oder negativer Kritik erreicht man langfristig nichts“, sagt er. „Uns geht es um das Landschaftsbild, was sehr stark von Bäumen geprägt wird.“ Dabei ist es nicht damit getan, einen Baum zu setzen. Ein Straßenbaum muss sich langfristig in das Straßenbild einfügen und darf nicht zu einem Störfaktor für den Verkehr werden. Die Kooperation mit dem Kreis funktioniert auch nach den Pflanzungen sehr gut. Die Mitarbeitenden übernehmen die Pflege und ersetzen auch einmal einen losen Anbindestrick. Das entlastet die Ehrenamtlichen, die sich so auf die Kontrolle ihrer Projekte an den Gemeindestraßen konzentrieren können. Mit einem Baumwart und der entsprechenden Ausbildung ist der Verein auch für anspruchsvolle Pflegeaufgaben und Beurteilungen gut gerüstet; gutachterliche Aufgaben für Externe übernimmt der Verein nicht.

strassenbaum e. V. kauft die Bäume in Baumschulen – gegen Geld natürlich, zu dem auch die vielen gepflanzten Obstbäume einen Beitrag leisten. Die Vereinsmitglieder ernten die Äpfel und pressen daraus Apfelsaft, der als heimisches Produkt an Interessenten gegen eine Spende abgegeben wird. Weitere Unterstützung erhält der Verein von der heimischen Sparkasse, der Volksbank Hamm, der Hellweg Stiftung und Spenden von Unternehmen und Privatleuten.

Birnbäume an der K4

Birnbäume an der K4